Grundsatzerklärung

Präambel

Der „Bildungsplattform Leistung & Vielfalt“ ist es ein Anliegen, dass alle Schularten optimal ihrer jeweiligen Aufgabe gerecht werden können. Das differenzierte österreichische Bildungssystem bietet bis jetzt für alle Begabungen, Interessen und Neigungen ein adäquates Angebot. Und es ist durchlässig, wenn eine Entscheidung, die zunächst die richtige für einen jungen Menschen war, später zu korrigieren ist. 

Jeder junge Mensch muss vor die für ihn genau richtigen Herausforderungen gestellt werden: Sie dürfen nicht zu leicht sein, damit die Motivation nicht verloren geht, sie dürfen aber auch nicht zu schwer sein, damit keine Überforderung entsteht. Und sie müssen in eine inhaltliche Richtung führen, die den Interessen des Kindes entgegenkommt. So hat jedes Individuum die Möglichkeit, Erfolg zu erfahren und seine eigene Leistung als positiv zu erleben. Und das österreichische Schulwesen bietet die dafür notwendige Vielfalt. Um diese Vielfalt bestmöglich zu nutzen, setzen wir uns für eine kompetente, neutrale und professionelle Beratung an den Nahtstellen ein, ganz besonders an der Nahtstelle zwischen Volksschule und Sekundarstufe 1. 

Gerade die Bewahrung des differenzierten Schulsystems verhindert eine dramatische Verschärfung der sozialen Kluft in der Gesellschaft. Es ist für die „Bildungsplattform Leistung & Vielfalt“ essenziell, dass – unabhängig davon, aus welcher sozialen Schicht ein Kind kommt – möglichst jedes Kind einen Bildungsweg einschlägt, der seinen Begabungen gerecht wird.

Außerdem muss bei jenen Parametern angesetzt werden, die in ihrer Summe für die Unterrichtsqualität und die Ergebnisse des Bildungssystems verantwortlich sind: bei den Lehrer/inne/n (Ausbildung, Fortbildung, Leistungshonorierung, Stellung in der Öffentlichkeit, …), bei den äußeren Rahmenbedingungen (Klassengrößen, Ressourcen für Förderinstrumente, Ganztagseinrichtungen, Schulhäuser, Arbeitsplätze der Lehrer/innen, unterstützendes Personal, …), der Gestaltungsfreiheit am Standort und bei der Mitwirkung der Eltern an der Erziehung ihrer Kinder. 

Grundsätze der „Bildungsplattform Leistung & Vielfalt“

  1. Ein umfassender Bildungsbegriff und eine positive Einstellung zur eigenen Leistungsfähigkeit sind unverzichtbar. Umfassende und vertiefte Bildung soll Kindern aus allen Gesellschaftsschichten in gleicher Weise zugänglich sein, abhängig allein von Begabung, eigenen Interessen und Fähigkeiten und individueller Leistungsbereitschaft. Die Kinder sollen befähigt werden, in der Gesellschaft den Platz zu finden, der es ihnen ermöglicht, ihre persönlichen und in der Schule erworbenen Stärken einzubringen. Dabei spielen Entwicklung der Eigenständigkeit, Kritikfähigkeit, Teamfähigkeit, Ichstärke und Konfliktmanagement eine wichtige Rolle. 
  2. Die Prinzipien der Gerechtigkeit und Gleichheit verwirklichen sich in gleichem Maße in der Gleichbehandlung Gleicher wie in der Ungleichbehandlung Ungleicher. Im Zentrum steht dabei sowohl eine differenzierte Anerkennung von Begabungen, Stärken und Fä­higkeiten, als auch von individuellen Schwächen, Unterstützungs- und Förder­be­dürf­nis­sen. Auf das Bildungswesen angewendet, bedeutet dies weder den gleichen Bildungsweg für alle noch das gleiche Bildungsergebnis für alle, sondern das gleiche Recht aller auf die jeweils bestmögliche, personengerechte, begabungsadäquate Bildung. 
  3. Den Eltern soll bei der Auswahl des adäquaten Bildungsweges eine begleitende professionelle Hilfe und externe Beratung in Form von mehrfachen Potenzial- und Stärkenanalysen angeboten werden. So wird für jedes Kind die seinen Begabungen entsprechende Schulart gefunden. Gleichzeitig werden dadurch die Lehrkräfte an Volksschulen gestärkt und entlastet.
  4. Die Vielfalt des schulischen Angebots muss sich auch in einer Vielfalt der Ausbildungsschienen für Lehrer/innen widerspiegeln. „Unterschiedliche Bedürfnisse der Schüler erfordern eine zielgruppenspezifische Ausbildung der Lehrer“ (Internationale Münchner Erklärung zur Lehrerbildung, Mai 2011). So müssen beispielsweise Lehrer/innen an Schulen, die zur Matura führen, weiterhi10n an den Universitäten auf Masterniveau ausgebildet werden. Der pädagogische Teil der Ausbildung (inklusive der Begabungsförderung auf allen Ebenen), der den Lehrer/inne/n aller Schulformen gemeinsam ist, ist zu verstärken. 
  5. Jede Schule soll von einem Schulaufsichtsorgan, das für die jeweilige Schulart eine profunde Expertise aufweist, begleitet und professionell betreut werden. Diese Person soll sich auch als Mentor der jeweiligen Schulart verstehen und dazu beitragen, die jeweilige Schulart ihren spezifischen Aufgaben gemäß weiterzuentwickeln. 
  6. Die Ressourcenzuteilung muss die spezifischen Schwerpunkte aller Schulen in befriedigendem Ausmaß ermöglichen. Zusätzliche Mittel sind für die Förderung von besonders Begabten ebenso wie von benachteiligten Kindern (insbesondere von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache oder Kindern mit Behinderungen) zur Verfügung zu stellen. Auch ein verstärktes Angebot an Schulpsycholog/inn/en, Beratungs- und Assistenzlehrer/inne/n ist zu gewährleisten. Lehrer/innen sollen Supervisionsmöglichkeiten wahrnehmen können. Ihre Arbeitsplätze müssen den Anforderungen, die mit ihrem Beruf verbunden sind, gerecht werden. Ebenso sind Lehrer/innen in der Ausübung ihres Berufes bestmöglich vor der Überlastung mit Fremdaufgaben zu schützen, die sie in der nachhaltigen Wahrnehmung ihrer pädagogischen Kerntätigkeiten behindern oder gar davon abhalten. Jede Schule muss außerdem eine zeitgemäße digitale Ausstattung besitzen, die der technologischen Weiterentwicklung laufend angepasst wird. 
  7. Sozial, ökonomisch oder sprachlich benachteiligte Kinder sollen durch zusätzlichen Unterricht, Stipendien und Förderungen bestmöglich unterstützt werden. Aber auch begabte und leistungsstarke Kinder müssen optimal gefördert werden, indem ihre besondere Leistungsfähigkeit aktiviert und entsprechend gefordert wird.  
  8. Allen Schulen ist größtmögliche finanzielle und pädagogische Autonomie zuzugestehen. Zu diesem Zweck ist die Rolle der Direktor/inn/en zu stärken. Die Vertreter der Schulgemeinschaft haben eine wichtige beratende Funktion. 
  9. Es muss auch Platz für Schulen sein, die neben der Vermittlung von Allgemeinbildung schon frühzeitig spezifische Schwerpunkte setzen (etwa in Sprachen, in Naturwissenschaften, im Sport, im Handwerk, im musischen Bereich) und dabei differenzierte Leistungsanforderungen stellen.
  10. Auch vorschulische Angebote sind zu fördern, da die Grundlagen für Bildung in den ersten Lebensjahren gelegt werden und durch gezielte Sprachförderung ein wichtiger Grundstein für den späteren schulischen Bildungsweg gelegt wird. Ähnliches gilt etwa für die Musik oder den Sport und das analytische Denken.